Die Invasion der bunten Socken … Hingucker oder Lachnummer? Einst war uns wohl in den Socken, die wir geschenkt erhielten. Ich meine nicht die aus Wolle, die gingen mir schon als Kind gewaltig auf die Nerven. Sie kratzten mich die ganze Zeit, ohne Unterlass. Stets ein Ungemach! Von morgen früh bis abends spät. Ein Wohlgefühl zwischen meinen Füssen und der Schuhsohle konnte nie aufkeimen. Das besserte sich erst, als ich auf die Rekrutenschule hin zwei Paar Militärsocken erhielt. 97% Baumwolle und 3% irgendeines Kunststoffgarns. Je länger ich sie trug, desto lieber wurden sie mir. Das Rapsen und Schmirgeln an meinen Füssen nahm endlich ein Ende. Die kleinen Nebengerüche wie «Schweisele und Müffele» nahm ich demütig entgegen. Ohne Schweiss kein Preis! Und dann kam die nächste Generation. Kunstfasern wie Polyester und Elasthan verbündeten sich definitiv mit der feinen Baumwolle. Wer etwas auf sich hielt, trug nun weiss. Vom Tennis- bis zum Businessfreak. Und das über Jahre hinweg. Weisse Socken waren geil und mega in. Und plötzlich pure Farbenpracht am Fuss. Pure Lebensfreude! Individualität! Vor allem bei den Jüngeren, der 68-er Generation. Michel Jordi war gerade auf Steilflug mit seinen Retro-Uhren, Krawatten und eben auch mit den legendären Enzian- und Edelweiss-Socken. Aber der Trend verebbte bald und er stürzte mit seiner Swissness so rasch ab, wie er aufgestiegen ist. Nicht aber die Socken! Vor allem die edle Weisse hielt sich tapfer, liess sich nicht unterkriegen. Bis heute nicht! Sie taucht noch immer auf, quasi überall. Auch bei alteingesessenen Institutionen und Finanzunternehmungen; obwohl dort professionelles, kompetentes und vor allem vertrauenswürdiges Auftreten gefragt ist. Die Banken mit einem AAA+ Rating definieren heute noch in ihren Anforderungsprofilen sogenannte Dresscodes. Klassisch-formelles Business-Outfit! Aber auch das hat seine Tücken. Zuweilen kann auch was schieflaufen. Vor wenigen Tagen sah ich einen etwa 16-jährigen Banklehrling. Ein Jungspund in einem vornehmen, durchaus auch bankkonformen PKZ-Anzug (Papa kann zahlen). Doch zwischenzeitlich hatte sein Hosensaum Karriere gemacht und sich wachstumsbedingt kräftig nach oben hochgearbeitet. Und «Gugguseli». Wer schaut mich da so neckisch an? Sie haben es erraten: schlitzohrige, mehrfarbige Multikulti-Socken. Schocking! Es gibt noch andere solcher Horrorszenarien; z.B. fremdgehende Paare, die beide den Tag mit dem Partner einer anderen Zwillingssocke verbringen. . Oder stellen Sie sich mal vor, ein liberaler Politiker würde grüne Füsslinge tragen oder einer aus der neuen Mitte gar dunkelrote. Undenkbar! Parteifreunde und Gegner, beide würde es aus Unverständnis oder aus Schadenfreude aus den eigenen, konform gestylten Socken jagen. Politischer Selbstmord! Des Gegners Karriere zertrümmert wegen ein paar farbigen Irrlichtern, wenige Centimeter unter der Saumkante. Ist das menschenmöglich? Jawohl, sicher! Wir beurteilen Menschen oft nach ihrem Aussehen, Auftreten und ihrer Gesamterscheinung. Eine etwas übereilte, schludrige und oberflächliche Menschenbeurteilung! Über die inneren Werten, über Ausbildung und das angeeignetenWissen machen sich die Personalchefs oft erst Gedanken, wenn auch das Outfit des Bewerbers stimmt. Und diese bedenkliche Tatsache wurde zu einer «USP, Unique selling point», einer Verkaufslücke, die sich Outfittery vor Jahren geistesgegenwärtig gekrallt hat. Hier ein Beispiel einer hervorragenden Selbstvermarktung: Kostenlose Stilberatung Dein Stylist hilft Dir, Deinen ganz persönlichen Stil zu zeigen. Die Beratung ist dabei komplett kostenlos. Du bezahlst nur die Kleidung, die Du am Ende auch behältst. Einfach gut aussehen Dein Stylist schickt Deine Auswahl bequem zu Dir nach Hause. Probiere alles in Ruhe an und was Dir nicht gefällt, schickst Du kostenlos zurück. Merken Sie nun, wie bedeutungsvoll die Fussbedeckung ist? Sind nun farbige Socken ein Hingucker oder gar ein miesepetriger Karrierekiller? Outfittery jedenfalls weiss, dass die Füsslinge scheinbar stets einen Ton dunkler sein sollten als das, was oben dran ist. Zumindest bei den Männern. Das Sortiment meiner Socken ist auf Anraten meiner familieninternen Outfitterin etwas stylgerechter geworden, obwohl ihrer Meinung nach noch etliches im Argen liegt. «Hab Geduld! Was noch nicht ist, das kann noch werden». Sie sagt nichts mehr, aber nach 45 Ehejahren kann ich sehr gut lesen, was sie denkt.
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![]() Draussen vor der Tür … oder drinnen im Knast? Kennen Sie ihn, den Roman «Draussen vor der Tür» von Wolfgang Borchert? Es ist ein Klassiker; ein Roman, der mich tief berührt und lebenslang begleitet hat. Im Grunde genommen ist er ein Protestschrei gegen die zerstörerische und Verderbnis trächtige Macht des Krieges. Er handelt von den verheerenden Folgen des zweiten Weltkriegs im individuellen und gemeinsamen Menschenleben. Er beschreibt die brutale Rückkehr von Beckmann, einem 25-jährigen Wehrdienstpflichtigen, zurück nach Hause. In ein zu Hause, das ihn nicht mehr willkommen heisst, das ihn gar nicht will. Eine Gattin, die mit einem anderen Mann zusammenlebt. Eine Ehefrau, die Ihren einstigen Liebhaber nicht mehr kennt. Die in ihm nur noch den Kriegsversehrten sieht; den, mit der zertrümmerten Kniescheibe. Einen fahlen, ausgehungerten, seelisch geräderten und gesellschaftlich aussortierten Fremden. Sie lässt ihn draussen vor der Tür. Beckmann bleibt ausgesperrt. Ist scheinbar asozial und unverträglich. Kein Essen, kein Bett, einfach nichts. Nur noch eine Zumutung für das Auge der Nichtkriegsteilnehmer. Und die Frage, die er sich stellt: An Ort treten, weiter trampen oder abtauchen ins Wasser? Sich ersäufen, ab in die Ewigkeit; Gott suchen, den er schon lange nicht mehr gesehen hat. Mit ihm Zwiesprache halten, Klartext reden! Ja, so war es in den Zeiten, als die Gewehre noch gerattert haben, die Kanonen im 24 h-Takt gespien und die Flugzeuge statt Lebensmittel, Bomben auf die Erde geschickt haben. Doch in den letzten 75 Jahren hat sich das Bedrohungsbild grundlegend verändert. Die Menschen, die nicht an ihrem Elend zugrunde gegangen sind, haben sich wieder aufgerappelt. Haben schweisstriefend und kräftezehrend ihre Städte und Dörfer wiederaufgebaut. Wer von der betroffenen Generation noch arbeiten konnte, schuftete bis zum letzten Schnauf. Und die nächste Generation brachte zu Ende, was ihre Erzeuger angedacht hatten und heimste im ersten Anflug des aufkommenden Wohlstands den Erfolg für sich selbst ein. Die Wirtschaft wuchs, man hatte zu essen, immer öfters sogar im Überfluss. Man setzte wieder Speck und Noten an. Die Geschäfte begannen um die Jahrtausendwende zu boomen. Der Mensch verlor jedes Mass. Vergass die gottgegebenen Gesetzmässigkeiten des Lebens. Mischte sich in die Natur ein. Forschte, probte, experimentierte. Klonte, weil er selbst zu feige war, sein Inneres und Äusseres seinem Eigenspiegel zur Schau zu stellen. Er wollte das All erkunden und andere Planeten erobern. Er erfand die Atombombe und neu schreckliche chemische Waffen. Er entsorgte problematische Materien skrupellos im All, im Meer und im fruchtbaren Boden, der uns ernährt. «Wo bist Du geblieben, Gott?», meinte Beckmann nach dem Krieg, bei seinem Haus draussen vor der Tür. «Warum hast Du nichts getan? Warum hast Du uns im Stich gelassen?» Und heute? Hat Gott nun endlich gehandelt oder – wie vielerorts gemunkelt wird - hat etwa wieder einmal eine sich selbst überschätzende Menschengruppe durchgedreht? War es ein neuartiges Attentat, dessen Wirkung abgrundtief unterschätzt wurde. Die ganze Welt lahmt irgendwo und irgendwie! Weltweit und global sind die Ampeln auf rot oder zumindest auf orange. Die Wirtschaft humpelt und die Börse steht schon oben auf der Rutschbahn, Die Unternehmer suchen ihr Heil wieder in der Demut und das gewöhnliche Volk macht sich Gedanken über den wahren Sinn des Lebens. Draussen vor der Tür ist endgültig vorbei! Hinter der Tür ist in! Die meisten sitzen coronabedingt daheim im Knast, vor allem die Alten, die Überreifen, die über 65-Jährigen. Damit wir uns recht verstehen: Ich habe überhaupt nichts gegen den Impfzwang. Ich finde die angeordneten Massnahmen sogar sehr sinnvoll. Am meisten gebeutelt aber werden wir, die Oldies. Wer über 65 Jahre alt ist, wandert vom Töpfchen ins Kröpfchen. Ausgangsrayon bis zum zur Haustür, im besten Fall noch bis zum Gartenhag oder bis zur nächsten Hecke. Keine sozialen Kontakte? Allenfalls noch Telefonate, wenn überhaupt. Sonst nichts! Keine Küsse, keine Umarmungen, ausser von einer Mitinsassin. Kein wohlwollendes Gespräch unter Freunden. Und mindestens 2m Abstand von Allen; auch von denjenigen, die einem bisher am nächsten standen. Was lehrt uns das Covid-19? Beginnt schon bald ein neues Zeitalter? Hat sich gar ein bisher unbekanntes Massenvernichtungsmittel geoutet? Eine neuartige Bedrohungsform, ein neues Kriegsbild? Ich werde sehr nachdenklich und spüre, dass hinter der Tür eine Depression auf ihre grosse Stunde lauert. Bei mir allerdings ohne Chance. ![]() Die nächste Kolumne erscheint am 26.01.2022 Erismann und Co. im Advent ... oder das Weihnachtsmenu «Dieser Weihnachtsrummel geht mir so auf die Nerven, je älter ich werde umso mehr». «Du sagst es, und immer dieser Wanner mit seinem kitschigen Zeugs» «Und die Tannenbäumli, die abgeholzt…» «Jä, jä! und dann reden sie von Umweltschutz und machen nichts!» «Da fängt es an…» «Jawohl, da fängt es an, von Begrünung reden und holzen, holzen und nochmals holzen; die Tännli, die die jungen Fichten, die…». «Genau, und unser armes Wild haut ab in ein anderes Jagdrevier». Die Erismänner & Co. reden so schnell durcheinander, dass ich gar nicht mehr genau weiss, wer was gesagt hat. Da bringt die Chefin plötzlich ein Körbli mit Mandarinen, Erdnüssli und etwas Weihnachtsgebäck. Und siehe da: Plötzlich findet die Erismann & Co. ein scheinbar ein noch interessanteres Thema: Heilig-Abend-Feeling und vor allem das Weihnachtsessen. Bäriswil, der mit dem Hörapparat: «Ja, was landet denn bei euch in der Pfanne? Bei uns gibt’s echt schweizerisch ein leckeres Züri-Gschnätzlets und Rösti. Und der Rüedisüeli wispernd wie immer: «Mein Olgi macht Chüngel mit Dörrbohnen, das isch…». Da klemmt ihn Indermaur, der Jägersmann ab: «Mein Abeli macht Rehschnitzel mirka oder e so. Mit gemischten Pilzen und Pfirsichen, dazu gibt’s selbstgemachte Spätzli, etwas Rotkraut und das Ganze dekoriert mit Konfi. Erdbeeri oder Brombeeri glaub ich». Erismann: « Bei mir und Heidi gibt’s ein reichhaltiges, delikates Fondue chinoise, liebevoll angerichtet und feinschmeckerisch dekoriert». Und da kommt Bäriswil, der nun endlich einmal den Hörapparat eingeschaltet hat, ganz rabiat aus dem Busch: «Jetzt fängst’s schon wieder an mit dem ausländischen Zeugs. Warum nicht einfach ein Fondue moitié-moitié vom Gerber? Immer diese Chinesen unterstützen." Um die hochgeschaukelte Stimmung etwas zu entspannen, meint Indermaur: «Ja, ja schon gut, Bäri! Übrigens und was gibt’s zum Dessert? Bei uns gibt’s Wildsauringli. Äh, Willisauer Ringli. Und bei Euch?», meint er stolz und schielt nach rechts zu Rüedisüeli: «Wiehnachsgüetzli, selbst gebacken», säuselt dieser. Dann Bäriswil, der sein Hörgerät noch etwas lauter eingestellt hat: «Bei uns, echte Schweizer Melonen, selbstgezüchtet». Alle schauen nun auf den Chinesen Erismann. Aber Bäri schlägt nochmal zu: «Dänk Pistacchio Burma oder sonst so fremdes Zeugs». Und Erismann, ein bisschen betroffen und äusserst vorsichtig: «Bei uns ist noch nichts entschieden. Wahrscheinlich eine Glacé Krokant délicieux von der Migros: extra fein, Edition Noel». Sechs grosse ungläubige Augen! Erismann und seine Heidi – wer hätte das gedacht - nach einem Fondue chinoise noch Tiefkühlkost. Und dann erst noch ein billiges Eis eines Discounters? Und Bäriswil giftelt schon wieder. Er doppelt nach: «Und s’Dekomaterial dänk vom Coop?» «Nein, geht’s noch?» meint Erismann, «Nur ein kleines Tannenbäumchen, 3-4 Kerzen, etwas Gehängsel aus der Weihnachtsbox im Keller und zwei liebliche handgefertigte Tischkarten.» Erneuter Zwischenruf von Bäriswil: «Vom Zalando dänk mit Gott am Leidenskreuz, he?» Erismann: «Sicher nicht. Lass mich doch mal ausreden! Zwei Steller von den beiden Grosskindern. Liebevoll gemalt mit zarten, fliegenden Engeli. Sauherzig, was die schon können. Und während dem Essen im Hintergrund die altbekannten Weihnachtslieder, wie immer." "Und unser Jägersmann". Er schaut fragend zu Indermaur: «Bei uns gibt’s nichts Besonderes. Ein bisschen Natur. Ihr kennt mich ja. Ein paar Tannenzweigli und Tannzäpfen. Aber dafür holen wir am Heiligen Abend immer unser kostbarstes Porzellangeschirr hervor; echt WEDGWOOD made in England. Nur das Beste ist uns gut genug. Und so bleibt es, bis wir sterben!» «Und Du?» fragt dann der Jägersmann den Rüedisüeli. «Mein Olgi ist da nicht so anspruchsvoll. Dänk wieder selbst gebackene Wiehnachtsgüetzi: Mailänderli, Zimtsterne, Aenis-Chräbeli und mhm die feinen Brunsli. Am Fenster im Gang hängt sie Schneeflöckli auf und dekorieret, was das Zeug hält. Und vor allem; sie macht Jahr für Jahr ein Weihnachtsfenster und jeweils am 18. Dezember lädt sie die Nachbarn zu Glühwein, Bauernbrot und einer Bratwurst ein». Drei Sekunden Ruh im Stall. "Übrigens ihr seid auch alle eingeladen, ab 18.30 Uhr bei uns". Erneut kurze Stille, dann fragt Bäriswil. «Sag mal, wo wohnst Du eigentlich genau?». «Sag ich nicht, sonst wissen es alle Leser und Leserinnen. Schau nach im Telefonbuch, dort steht’s genau.» Nach seiner Rückkehr nach Hause ist Rüedisüeli seiner Gemahlin ins offene Messer gelaufen. Mit dem anderen drei Herren rechnet Olgi am 18. Dezember ab. ![]() Urs Spielmann, Breitenbach ![]() Notorisch oder solidarisch? … oder der überflüssige Meinungskrieg Dass es überhaupt eine Frage ist, ob man sich impfen lassen soll oder nicht, lässt mein Vertrauen auf den «homo sapiens», auf den weisen Menschen rasant in die Niederungen fallen. Die Argumente der Impfgegner sind - gelinde gesagt – diffus, fast narzisstischer Natur. Die Angst vor dem Impfstoff und seiner möglichen Nebenwirkungen, kann ich noch einigermassen nachempfinden, nicht aber die Schlussfolgerungen der Impfgegner. Was ist denn der wirklich tiefere Grund ihrer Abwehrhaltung? Etwa nicht glauben, was die Wissenschaftler sagen, oder was die Spezialisten, die Epidemiologen empfehlen? Kein Vertrauen auf die internationale, für einmal global denkende Politik. Sogar nicht mal, wenn beinah fast alle Staaten zwischenzeitlich für die gleiche Strategie vertreten; und dies nota bene meist sogar überparteilich? Glaubt denn heutzutage ein noch einigermassen vernünftiger Mensch an eine Verschwörungstheorie, an die weltfremde Vermutung, das Ganze sei ein Kind der grossen Chemiekonzerne. Wer so was denkt hat keine Ahnung von der heutigen Marktwirtschaft und dem tobenden Konkurrenzkampf. Sowas ist in der realen Arbeitswelt schlicht ein Ding der Unmöglichkeit! Eine aus der Luft gegriffene Wahnvorstellung oder schlichtweg pure Besserwisserei. Oder die naive Aussage: «Ich war noch nie krank», «Ich habe eine gesunde Konstitution». «Mich trifft’s sicher nicht». Toll für sie! Sie haben bis jetzt noch Glück gehabt. Oder «Ich lasse mir von niemandem etwas vorschreiben!» Ein Paradebeispiel eines Egodenkers, sich aus Prinzip querlegen. Schleichende Autoritätsstörung! Null Vertrauen in die Wissenschaft; keine Solidarität gegenüber Anderen, selbst nicht gegenüber den Nächsten, die im gleichen Lebensraum ihr Dasein fristen. Man kann von einem Menschen, der die spezifischen Erkenntnisse ignoriert oder gar negiert, kein Umdenken erwarten und schon gar nicht von jemandem, dem sein Nächster völlig egal ist. Aber wie soll sich denn die Menschheit wappnen gegen solche Pandemien, gegen flächendeckende und lebensbedrohende Viren? Die Welt muss agieren, nicht reagieren. Nicht nur forschend-medizinisch, sondern auch ökonomisch und vor allem ökologisch. Wir stehen vor einem Quantensprung in der Entwicklung der Menschheit. Das Allerdümmste wäre, jetzt tatenlos zuzuwarten und nichts dagegen zu tun. In jedem Sozialstaat, in jeder Demokratie gibt es gottlob auch Verhaltensregeln, die dazu da sind, den Bürgern die höchstmögliche Lebensqualität sicherzustellen. Die ethischen Rechte und Pflichten sind für jedermann verbindlich. Oder soll denn wirklich alles so bleiben, wie es ist? Jeder kann machen, was er will? Ein Spiel mit dem Feuer, eine Wanderung auf einem spitzen, äusserst gefährlichen Grat. Das Gebot der Stunde ist zusammenzustehen; ist bedingungslose Solidarität. Sie ist nicht nur ein wertvoller Beitrag an die eigene Gesundheit, sondern auch an die globale, weltweite Ökonomie und vor allem an die Ökologie; denn unser Umgang mit der Natur und unserer Umwelt wird künftig noch vermehrt die Konsequenz unseres Verhaltens spiegeln. In jedem Fall wünsche ich allen Neinsagern, viel Glück; denn das brauchen sie dringend. Alles ist DenkBar oder MachBar, wenn man nur will! Urs Spielmann, Breitenbach Die modernisierte Retrokolumne vom Dezember 2017 Das Christkind ist feinhörig …oder die Oekonomie der Empathie Immer gegen Ende Jahr werde ich etwas nachdenklicher und verdächtig ruhig. Nicht etwa depressiv, aber doch vermehrt nach innen orientiert. Die esoterische Ader verdickt sich und pulsiert nachhaltig. Der unter dem Jahr versiegte Draht nach oben kommt wieder ins Fliessen. Gott wird dank Tannenbaum, Kugeln, Kerzen; dank geflügelten Engelchen, Schnee und Weihnachtskonzerten wieder vertrauter und etwas glaubwürdiger. Man wird sich wieder seiner Vergänglichkeit bewusst. Man realisiert langsam, aber sicher, dass man auf die Zielgerade seines Lebens eingebogen ist und hat sein Endziel, die Vertikalisierung seines eigenen Seins in mittelbarer Sichtweite. Die Meilensteine des Lebens ziehen an einem vorüber. Man betrachtet und wertet sie aus zeitlicher Distanz. Man erkennt immer wie klarer, dass der letzte Stein der eigene Grabstein ist. Eine weitere Meile, zumindest auf dieser Welt, ist niemandem mehr beschieden. Unter jedem Grabstein ruht ein Mensch. Und beim Friedhofrundgang befallen mich mit jedem Meter alte Erinnerungen. Nicht nur gute, auch schlechte; sehr selten auch widerliche, verletzende Auseinandersetzungen, die mich viel Kraft gekostet haben. In solchen Augenblicken werde ich mir bewusst, dass ich im bisherigen Leben wenig über mich selbst hinausgeschaut habe. Begrenztes Denken; Nächstenliebe zur Beruhigung des Gewissens, Beichte als Neustart zum nächsten Ausrutscher. Das Ego im Mittelpunkt! Und wo ist meine Empathie geblieben? Nur Mittel zum Zweck? Das Alter macht entweder härter oder sanfter. Ich persönlich neige eher zum AHV-Softie, allerdings manchmal mit etwas derber Sprache. Im Alter sieht man die Dinge klarer. Die Anlässe der Zerwürfnisse sind verblasst und die Lebensprioritäten setzen sich allmählich durch. Die harten Kanten der alten Konflikte sind weichgeschliffen. Man hat im Angesicht der drohenden Sense des nahen Schnitters die nötige Reife erworben, verzeihen zu können. Deshalb meine ich: Weg von der Egomanie, hin zur Empathie. Schwenken wir ein auf unseren neuen Oldie-Claim: „I believe in you!“ Jeder Mensch ist extrem dankbar dafür, wenn man an das Gute in ihm glaubt. Was meinen Sie, wie man sich fühlt, mit einer Krebsdiagnose? Wenn man negativ durch die Medienlandschaft geschleust wird? Wenn eine Beziehung zu Ende geht? Eine berufliche oder sportliche Karriere ins Schlingern gerät? Wenn man öffentlich verleumdet oder die persönliche Rufschädigung das grösste Öffentlichkeitsthema wird? Oder wenn der Gesamtvermögensbestand auf einem Niveau von Fr. 53.— angelangt ist? Sie wissen schon, was ich meine. Wäre es gerade jetzt nicht wieder mal an der Zeit einem Bekannten oder gar Unbekannten einen netten Brief oder eine E-Mail zu schicken. In Krisenzeiten von einem anderen Mensch Kraft und Zuspruch zu erhalten, ist ein unschätzbar wertvolles Geschenk. Man vergisst es ein Leben lang nie. „Wer an mich glaubt, wird ewig leben!“ Scheinbar haben schon ganz andere Grössen vor Jahrtausenden diese Ansicht geteilt. Suchen Sie das Gute im Menschen und schenken Sie ihm Ihr Vertrauen! Beanspruchen Sie dieses Claim, diese Goldmine für sich, so oft Sie können! Für viele wäre Ihr Mitgefühl das das schönste Geschenk in ihrem Leben! So das war’s für heute! Bis zum nächsten Mal. „I believe in you!“ Urs Spielmann, Breitenbach ![]() Das Schwatzbubenland und das Saufental …. oder die Enttäuschungen mehren sich Brille, Hörgerät und ein feiner Verdauungsschnaps Ein Gebiss im Glas und reinigende Corega-Tabs Ein verbrauchtes Gehirn, das nicht mehr denken will Alles wird ungelenker, und es wird plötzlich still Starre Finger, die sich liebend gern vertippen Lebensfreude kommt kaum mehr über die Lippen Der alte Freundeskreis ist diskret verschwunden Neu ist man mit dem Pflegepersonal verbunden Salben, Pillen und Tinkturen im Überfluss Verbände, Pflaster und ein grosser Bluterguss Ein Schrittmacher, der das Herz unterstützen soll Ist Altsein wirklich so erstrebenswert und mega toll? Ja, ich fühle mich schon ein bisschen betroffen, wenn auch nur teilweise. Wenn Kolleginnen und Kollegen sich nach der AHV und der Pensionskasse sehnen, vergessen sie die Pein und die diversen Zipperlein, die das Alter mit sich bringt. Auch bei mir! Auf Details will ich gar nicht eingehen. Ich fürchte sonst noch Beileidskaten zu erhalten. Persönlich ginge es ja noch; aber über s’Blettli öffentlich publik gemacht? Nein, dies ist das Letzte, das ich in meinem Alter noch brauche. Aber zum Glück gibt es doch noch ein paar wenige Highligths. Wenn Sie schon ein Oldie sind, dann freuen Sie sich über die neuen, unverhofften Freiheiten. Sagen Sie jemandem, sie seien gehbehindert oder herzkrank und sofort fallen 90 % der Bevölkerung in den Hilfestatus. Aber das ist wirklich das einzig Tolle am Rentnerdasein. Zumindest das Lesen von Gesundheitsspalten und Apotheker-Heftli ist mir gründlich verleidet; denn bei jedem Artikel komme ich mir als Betroffener vor. Mein übrigens sehr kompetenter Hausarzt schwitzte früher, wenn er mich nur schon sah. Scheinbar befürchtete er ellenlange Diskussionen über neue, mögliche Krankheiten. Im Übrigen bin ich in etwa wie alle anderen Ruheständler. Nach dem Morgenessen ist die erste Herausforderung, die Rätsel in der BZ, im Coop- und im Migros-Heftli zu lösen. Dann in diversen Betty-Bossi Kochbüchern herumzustöbern, was das alte Ehepaar denn heute essen könnte. Die Blumen und die Tomaten wollen gegossen werden, und Sitzplatz besteht jeden zweiten Tag auf eine ordentliche Besenwischerei. Dann Roby im Garten in Betrieb setzen, um einen Wembley-Rasen zu kreieren. Dies seit Jahren jedoch komplett erfolglos! Dann folgt die Überprüfung des Abfallmanagements und schliesslich – Sie haben es erahnt – Laptop Time. Und nun kommt, was mich mit Abstand am meisten ärgert: Meine klammen Finger, die sich liebend gern vertippen. Mein Blutdruck schnellt in schwindelnde Höhen bei jedem Wort, das ich korrigieren muss. Statt Schwarzbuben lese ich Schwatzbuben und aus dem Laufentaler wird urplötzlich ein Saufentaler. So was nervt gewaltig! Wechseln wir noch kurz zu einem anderen Nerventöter, zum Fernsehen SRF. Ich wollte meinen Lesern zum 30-jährigen Jubiläum des AZB im Jahre 2022 etwas Besonderes bieten. Ich spielte mit dem Gedanken, auf meiner Homepage www.denkbars.net die fünf Sondersendungen «Schweiz Aktuell» aus dem Jahr 1992 nochmals zeigen. Nota bene: 30 Jahre danach! Hier die Rückantwort von Telepool, der für das Autorenrecht der SRF zuständigen Firma: Für die nicht-kommerzielle öffentliche Nutzung von SRF Archivmaterial innerhalb der Schweiz bis zu 1 Jahr lauten die Konditionen wie folgt: Grundkosten: CHF 260.00 Materialkosten: CHF 70.00 pro File (Habe ich gottlob schon!) Lizenzkosten: CHF 200.00 pro angefangene verwendete Minute pro Beitrag, Mindestabnahme pro Auftrag: 3 Min, Preise zzgl. MwSt. Hierbei handelt es sich um den Mindestpreis für eine nicht-kommerzielle Lizenz. Die fünf digitalisierten Sondersendungen umfassen eine Zeitdauer von 125 Min (5 Tage à 25 Minuten). Es handelt sich um Ausstrahlungen, die anno 1992 eine durchschnittliche Zuschauerzahl von 600'000 Menschen erreicht haben. Und nun will Telepool wieviel Franken? Ach, es kotzt mich echt an. Ich komme auf eine 5-stellige Zahl, die mit 25 beginnt und mi lauter Nullen endet. Oder habe ich mich etwa verrechnet; dies erst noch ohne MwSt.? Das Ganze hat mir beinahe die Sprache verschlagen. Hätte ich kein Leibchen getragen, wäre mit wohl der Kragen geplatzt. Kurzum: Das Projekt ist begraben. Haben denn die zuständigen Mitarbeiter bei Telepool etwa auch klamme Finger, die nichts lieber machen, als sich zahlenmässig zu vertippen. Oder hatte die zuständige Sachbearbeiterin einfach nur eine schlechte Brille? Ich begreife die heutige Welt nicht mehr. Mit ernüchterten und vergrämten Grüssen Urs Fielmann, Pleitenbach (ohne Brulle) Zur Abstimmung vom 28.11.2021 über das Covid-19-Gesetz! Erstmal ein Dankeschön für die diversen Rückmeldungen zu meinem letzten Artikel. Einig gehe ich mit der Feststellung, dass in unserem Staat Meinungsfreiheit herrscht. Der Beitrag entspricht - und das will ich deutlich sagen - nur meiner eigenen Meinung. Aber die zu beantwortende Frage ist wie bei anderen Ländern auch zur Staatssache geworden. In dieser politischen Vorlage, die zukunftsgerichtete Aspekte anpeilt, folge ich nicht den Ansichten des Volks wie Sie und ich. Entscheidend sind für mich die bisherigen Erkenntnisse der Wissenschaft und jener Leute, die sich vertieft und ohne Vorurteil Gedanken gemacht haben über das eigene, aber auch über das globale Bedrohungsbild, das über uns allen schwebt. Damit ist das Thema für für endgültig abgeschlossen! Eine überarbeitete Retrokolumne Novus Homo Politicus sapiens … oder ein Karikaturversuch in Worten Neulich habe ich irgendwo im Medienwald gelesen, dass der Homo politicus zunehmend nicht mehr der Gattung des Homo sapiens (des weisen Menschen) entspricht, weil ihm in der heutigen Zeit scheinbar ein paar wesentliche Grundvoraussetzungen dazu fehlen. Intelligenz und Klugheit kann man ja wirklich nicht allen Politikern absprechen. Es gibt in unserem Land tatsächlich ein paar seltene Exemplare, die das Gegenteil beweisen. Vernunft? Durchaus möglich. Aber wenn, dann nur innerhalb der Parteilinie. Und die Verständlichkeit und Weisheit? Na ja! Ist nur wenig da oder gar null und nix! Dies dürfte der Hauptgrund dafür sein, dass der gewöhnliche Bürger die Politik zunehmend einfach nicht mehr versteht. Oder haben Sie schon mal eine komplexe kantonale oder eidgenössische Vorlage richtig und à fonds verstanden? Trotz einem einigermassen soliden Bildungsweg habe ich selten den vollen Durchblick zur Beantwortung der Kernfrage gehabt. Zudem behauptet bald jede Partei etwas anderes, notabene aufgrund der gleichen Fakten. Der Parolenmix ist deshalb so vielfältig und verwirrend, weil die Politiker sich an den verschiedensten Futternäpfen tränken. Wir unterscheiden in der Schweiz zwischen fünf Hauptgattungen, die sich – und das macht das Ganze noch komplizierter – teilweise überschneiden oder von Zeit zu Zeit gar fremdgehen. Politicus sozialis (schweiz. Nötlifresser) Orientiert sich an den Möglichkeiten des vorhandenen Sozialprodukts und spielt gerne das Ritual der zweiten Weihnacht. Die Plakate sind kämpferisch und sollen zukunftsorientierte und soziale Visionen vermitteln. Die Sprache ist jungintellektuell und die Argumentationsart oftmals eher fremdmittelgerichtet. Politicus nationalis (schweiz. Rosinenpicker) Orientiert sich an der Arche Noah und werkelt eifrig an der Arche Helvetica. Sucht Mitläufer und Sponsoren mit volksnahen Abstimmungsparolen und sehr einfachen Handlungssymbolen. Die Sprache ist laut, hemdsärmlig und sehr leicht verständlich, mit der Hauptthematik: ehre einheimisches Schaffen und rette vom Wohlstand, was noch zu retten ist. Politicus naturalis (schweiz. Körnlipicker) Wähnt sich im falschen Jahrhundert und möchte gerne zurück in den Schoss der üppigen Natur. Sucht als Mitstreiter vorwiegend gebildete Tiefdenker mit gut ausgebildetem Weltverbesserungspotential. Wirbt mit holzfreiem Papier. Das Auftreten ist wissend, das Denken grünelitär. Diese Gattung ist nicht für jedermann verständlich. Politicus medio (schweiz. ehemals Oblatenkauer) Eine wandelbare Homo-Art, die sich in letzter Zeit vom christlichen Homo papabilis zum Homo medio entwickelt hat, und dies notabene ohne Wurzelverlust. Das Credo ist sanft und ausgleichend. Trinkt Wasser, das sich in Wein verwandelt. Und zwar Rosé, genau in der Mitte zwischen Rot- und Weisswein. Die Spezies steht nach wie vor unter dem christlichen Welterbe, aber sie ist nicht mehr vom Aussterben bedroht. Politicus liberalis (schweiz. Bonusschlucker) Kurbelt die Wirtschaft an und nutzt sie konsequent aus. Die Parlamentarier sind im ewigen Kampf mit ihren parteiinternen Hauptkonkurrenten, die ihnen ihre sauer verdiente Knete streitig machen wollen. Sie sind allergisch auf jede Obrigkeit und entwickeln oft energiereiches Balzverhalten. Die Sprache ist selbstsicher und selbstbewusst bis zum Geht-nicht-mehr. Die logische Folge dieser 5-blöckigen Streitmacht: Um sich selbst darstellen zu können, vertreten vor allem die Neo-Politiker zunehmend nur noch ihre eigenen Interessen. Und doch! Um die notwendigen Stimmen zu erhalten, kommt kein Kandidat ohne ein nachhaltig volksnahes Gebaren zum ersehnten Erfolg. Alle unsere Archeparteien buhlen um jede Stimme. Nicht nur die rechte, sondern auch die linke Seite. Das Gute jedoch: In unserer Demokratie bestimmt einzig und allein der Zeitgeist der Lauf der Dinge. Die Politiker geben in Tat und Wahrheit nur den Takt an. Beim Ausüben dieses Grundrechts wünsche ich allen eine gute Hand und vor allem einen kritischen Griffel, sowohl bei den Abstimmungen und wie vor allem auch bei den Wahlen. Urs Spielmann, Breitenbach ![]() Die Schönheit der orangen Jahreszeit … oder buntes Herbstlaub und heisser Hunger Herbste ich oder ernte ich? Das Wort Herbst hat sprachgeschichtlich denselben Ursprung wie das englische Wort harvest. Ursprünglich bedeutete das Wort Herbst also „Erntezeit“. Diese landwirtschaftliche Bedeutung blieb im Englischen erhalten, während sie sich im Deutschen zur allgemeinen Bezeichnung einer Jahreszeit verschob. Im südwestdeutschen Sprachraum lebt die ursprüngliche Wortbedeutung als Dialekt- bzw. Fachausdruck für die Traubenernte fort. Diese Tätigkeit wird dort mit herbsten bezeichnet. Mein Sprachgefühl sagt mir, dass herbsten so etwas ist wie absahnen, ohne viel dafür getan zu haben. Oder beim Menschen: Wenn dieser herbstet, wird er sichtbar älter. Es kommt zu einem körperlichen und geistigen Abbau, womit wir wieder beim Fallobst und dem Baumlaub wären. Gartenabfall geniesst keinen guten Ruf. Es riecht zu sehr nach Arbeit, Schweiss und Kniebeschwerden. Nach «Voltaren dolo» oder «Traumalix forte». Ganz anders schmeckt der Rest der Natur. Angenehmer Sonnenschein, farbige Landschaft; wohltuende Bodenwärme und innere Geborgenheit. Rückzug in sein Innerstes, Sammlung der Kräfte zum Überstehen des kalten Winters. Die Pflanzen werfen unnötigen Ballast ab und wir Menschen legen zu, vor allem körperlich. Wir konsumieren Cervelats und Brot. Schweinskoteletten, Grillburger und Ofenfrites. Wir grillieren, was das Zeug hält und sammeln Kalorien wie Bonuspunkte auf der Cumulus- oder der Supercard. Den Jahrezeitenschlaf haben wir seit Jahrtausenden verlernt. Echte Winterschläfer sind nur noch wenige Tiere; z.B. der Dachs und das Eichhörnchen. Auch Fledermäuse, Hamster und Murmeltiere schlafen im Winter. Sie senken ihre Körpertemperatur drastisch ab. In Winterstarre verfallen auch Fische, Eidechsen, Schildkröten und Insekten. Wenn es wirklich klirrend kalt wird, gleiten ihre Körper in einen sanften Dauerschlaf. Sie werden erst wieder aktiv, wenn es draußen wärmer wird. Sie aufzuwecken, ist schier nicht möglich. Und der Mensch? Er braucht das alles nicht; denn er macht keinen Winterschlaf. Er wechselt vom Grillieren rasch und problemlos zum Raclette und zum Fondue. Und erste Schlemmereien startet er eben jetzt. Im Herbst! Am liebsten draussen auf dem Sitzplatz mit Aussicht auf die untergehende Sonne; mitten in den farbenprächtigen Herbstastern und dem frisch geschnittenen Rasen. Was für ein Duft, was für eine Ambiance! Die Fauna sammelt ihre Kraft und die Menschen ihre überlebenswichtigen Kalorien. Marroni und Vermicelles sind wieder im Kommen. Auch der Schlagrahm rollt das Feld von hinten auf. An der Herbstmesse verdrückt man Käse- und Zwiebelkuchen und verabschiedet die Grillwürste des Spätsommers. Man schaltet um auf Wild, z.B. Rehschnitzel Mirza mit Mischpilzen und Pfirsichen, dazu selbstgemachte Spätzli, etwas Rotkraut oder Rosenkohl und das Ganze dekoriert mit ein paar Rahmtupfern und Preiselbeerkonfi. Oder Wildsaupfeffer mit selbstgemachtem «Härdöpfustock und Öpfelschnitzli». Ohne Speckwürfeli, ohne mindestens ein Rüebli und eine Zwiebel, ohne Wachholderbeeren und einer Nelke in der Sauce läuft gar nichts. Und, und … Vor dem Dessert noch einen kleinen Quartierrundgang oder noch besser einen Waldspaziergang. Wieder zu Hause das Dessert: einen wilden Affen (Vanillepudding mit Schoggibananen) oder eine wilde Hilde (leckere Pfirsiche, Himbeeren, Preiselbeeren, Magerquark und Vanillezucker). Tönt gut, oder? Ach, den Wein habe ich vergessen. Rotwein ist Pflicht. Ich empfehle dies vor allem aus Geschmacksgründen. Er ist der ideale Begleiter zu Wildgerichten. Klassiker sind z.B. Weine aus dem Rhone-Gebiet oder ein fruchtiger, beeriger, schöner Barolo. Ja kein Bier, das rat ich nicht nur Dir! Und der Body Mass Index? Der schnellt in die Höhe, und auch er nimmt herbstliche Farben an. Von grün geht’s über gelb und plötzlich steht er auf orange, wenn nicht gar auf rot. Ist mir «Blut- und Leberwurscht» egal! Hauptsache, gesund in den Winter. Schon unsere Vorfahren setzten auf krisensichere Essgewohnheiten. Was man hat, das hat man. Und der Herbst ist sehr spendabel. «Und jetz e Guete!» "Und jetz e Guete!" Urs Spielmann, Breitenbach Die Retrokolumne vom Mai 2018 Ängstliche Vintige-Gedanken …. oder einfach nur Hirngespinste? Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie Sie sich als männliche Unterhose einer absoluten new wave-Trendmarke aus einem der flippigsten Modeshops fühlen würden, wenn Sie nach zwei Jahren auf den Topregalen im Herbst plötzlich degradiert und abgehalftert auf einem Ausverkaufstisch mit lauter Verkaufsversagern landen würden? Von der Welt nicht mehr verstanden, flopbeladen, kurz: verschissen! So ähnlich fühle ich mich als im Arbeitsprozess ausgeschlossener Wirtschaftsparasit. Mein kreatives Potential ist scheinbar versiegt und versengt, meine Hirnzellen ausgelaugt und vertrocknet. Ich bin aussortiert. Ein gesellschaftliches Schnäppchen in der Mogelpackung. Meine esoterische Frischzellenkur greift nicht mehr. Die Zipperlein im Alltag mehren sich und die Gedächtnislücken im Keller breiten sich beinahe schon traumatisch aus. Es ist schon so, wie es der österreichische Schriftsteller Karl Kraus schon im letzten Jahrhundert gesagt hat: „Gute Ansichten sind wertlos. Es kommt darauf an, wer sie hat.“ Und ich würde meinen, wie viele Tassen im Schrank man dem Verfasser noch zumutet. Und trotzdem glaube ich, die heutige Gesellschaft täte gut daran, auch antiquierte Ansichten eines Auslaufmodells zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Ich bin sehr skeptisch gegenüber der heutigen Weltpolitik, die sich praktisch nur noch an der Wirtschaft orientiert. Wenn ein narzisstischer Macho-Staatsmann mit einer rostigen Kultfrisur sich nach einem Auslandbesuch mit seinem Mega-Waffendeal brüstet, der viele, sehr viele Stellen generiert, so werde ich stutzig. Wo bleibt da der Mensch? Er wird mit keinem einzigen Wort erwähnt. Im Zentrum der Politik steht immer noch und jederzeit der Mensch, nie die Wirtschaftsprosperität, das Geld oder gar das Ego. Und damit komme ich zu ein paar oekonomischen Missgeburten der aktuellen gewinn- und bonuslüsternen CEO-Generation, z.B. Thema Post! Der Service public wird weiter abgebaut, ist passé. Einfach vorbei! Die Postfinance macht ihrem Namen alle Ehre. Sie spart an Personal, spart u.a. auch für neuartige Pöstler-Drohnen in der Lohnklasse 1 oder 2. Alle, auch die Alten müssen künftig wahrscheinlich ihre Briefe und Päckli, Rechnungen und Mahnungen im Garten selbst auflesen. Und die Polizei? Auch sie will zur Bekämpfung der Kriminalität Drohnen, d.h. fliegende Spione à gogo einsetzen. Das erinnert mich an meine Jugend; an die Maienkäferplage der Sechziger Jahre; an ein nerventötendes Insektengesurr und an diese lästigen ekligen Viecher mit den kurzen krabbeligen „Scheichen“, die ständig von den Kastanienbäumen auf uns Schüler niederprasselten. Aber was mich derzeit am meisten wundert: das sich beängstigend abzeichnende Drohnengeschwader am Himmel hat den Fluglärmgegnern scheinbar die Stimme verschlagen. Es ist mir in dieser Angelegenheit eindeutig viel zu ruhig. Oder fehlt mir einfach nur das Hörgerät? Und wenn wir schon bei Utopia sind: Was wird aus dem künftigen Menschen werden? Zukunftsszenario, Horrorvorstellung: Ich werde geklont und begegne mir selbst in der Migros. Mein Ebenbild hat den gleichen Einkaufzettel und, weil es gleich denkt wie ich, hat den gleich roten Rollator wie ich. Oder geht künftig gar mein selbstfahrendes Auto auf Shoppingtour, hält an der Rampe; gibt selbständig den Abholcode ein und lässt sich vom Warenhausroboter den Einkauf in den Kofferraum laden. Und beim Heimfahren wird mein neues High Tech Navi-Gerät durch eine neu entwickelte Verbrecher-Software gehackt. Mein Auto im Bachbett, das Chassis futsch und der frische, top data-Einkauf liegt zerschmettert, ramponiert und ungeniessbar in der staubigen Fahrrinne und der verdorrten Wiese rum. Wohin wird uns die zeitgenössische Forschung bringen? Geht es wirklich darum, Menschen zu klonen? Wir können ja nicht mal zwei Chinesen oder Koreaner voneinander unterscheiden. Wie sollen wir dann wissen, welches das Original und welches die Kopie ist? Geht es nicht – wenn schon – vor allem darum, eher die spirituellen Komponenten zu klonen? Wäre es nicht interessanter die internationale Forschungspriorität auf Charaktereigenschaften wie Liebe, Demut und den Willen zur Leistungsbereitschaft zu fokussieren? Solche Klonereien hätten wenigstens einen positiven, gesellschaftsfördernden Sinn. Das würde uns wieder Mut geben, auf eine neudefinierte, global offene Zivilisation zu hoffen. Urs Spielmann, Breitenbach |