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Ich schreibe für
knorrige Schwarzbuben und Schwarzmädels, 
für herbe Laufentaler und Laufentalerinnen
sowie für die herrlichen Urgesteine
aus Basel-West.

Lesen Sie nie eine Kolumne von mir,
wenn Sie schlecht drauf sind.

Das kommt nicht gut! 

September 22st, 2021

9/22/2021

1 Comment

 
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​​Abbildung: Das jüngste Gericht, Wassily Kandinsky (1866-1944)
 


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Die Spitze im Visier
 
… und plötzlich im Besenwagen
 
 
Wer das gesagt hat, weiss ich nicht mehr. Aber es hat schon was daran. Als Baby ist man wahrscheinlich glücklich, wenn man endlich auf zwei Beinen stehen kann. Und kaum können sie das, versuchen sie’s mit Purzelbäumen. Sich selbst überrollen, sich selbst übertreffen. Die Spitze im Visier!
 
Als Junge will man seinen bevorzugten Sport treiben können. Sei es Ski fahren oder Fussball; Handball oder Eishockey. Kunstturnen, Leichtathletik, schwingen, ringen oder gar boxen. Aber - und das ist das Leide – man misst man sich nicht nur körperlich, sondern auch monetär mit den Staren. Und mit der Zeit muss man wohl oder übel zur Kenntnis nehmen, dass es bis zur totalen Spitze eben doch nicht reicht. Schön auf dem Boden bleiben! Über den Sport wird selten einer zum Multimillionär.
 
Aber einen zukunftsträchtigen Beruf erlernen und neue Horizonte erforschen. Das sollte doch drin liegen. Ein ausgewiesener Fachmann werden! Nischen und Lücken im Berufsleben erkennen und vermarkten. Das wäre schön und auch erstrebenswert. Und schon kommen die Alten. «Ohne Fleiss kein Preis. Mach zuerst mal deine Lehre fertig und such dir dann eine Stelle, wo du dich wohl fühlst und Dich weiter entwickeln kannst. Und vergiss nicht:  Das A im Alphabet kommt vor dem E. Zuerst die Anstrengung und erst dann der Erfolg».
Lehre beendet! Zwar nicht mit Spitzenresultat, aber immerhin bestanden. Ganz an die Spitze hat’s wieder nicht gereicht. Und wird es wahrscheinlich auch später nicht. Aber der erste Arbeitsvertrag ist ziemlich gut und das Salär nicht ganz ohne. «Ja, der Realität in die Augen schauen!»
 
Wo es prima läuft, ist im privaten Bereich. Ehe geschlossen! Ein süsses Mädchen und ein männlicher Stammhalter. Eine tolle Ehefrau, modisch und up to date; sportlich und gut aussehend. Um ebenfalls ihr äusseres, sportliches Niveau zu erreichen, besucht der Erfolgshungrige nun gar das Fitnesscenter. Und das in der Blüte seiner besten Jahre! Und nach einem Jahr verschwindet das Fitnesscenter aus seinen Begehrlichkeiten.
 
Beruflich läuft’s immer noch ganz ordentlich. Was will er denn noch mehr?» Das Salär stimmt zwar nicht mehr so ganz, trotz angeblichem Leistungslohn. Und meistens hat er die Ideen und seine Vorgesetzten annektieren sie. Und sacken knallhart die fetten Boni ab, die ihre Untergebenen mühsam erarbeitet haben.
 
So schleicht sich allmählich der Alltag ein. Und am Fünfzigsten ermuntern ihn die Sechzigjährigen, das Leben zu geniessen; es sei jetzt die schönste Zeit. Und ab in luftige Höhen, bis die Luft allmählich zu dünn wird.
 
Und je mehr er gegen das Pensionsalter kommt, merkt er, dass er das Wesentlichste verpasst hat. Was das ist, weiss er zwar selbst nicht ganz. Darum stellt er sich urplötzlich die Sinnfrage seines Daseins. Er fragt sich so lange, bis er merkt, dass er eine überalterte Festplatte mit sich herumträgt und, dass er plötzlich alt geworden ist. 90% seiner Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel heissen zum Vornamen «Hallo». Und auf die Vornamen der restlichen 10% ist er nur gekommen, weil ihm der Nachnahme zuerst eingefallen ist. Er ist wieder unsanft auf dem Boden der Realität gelandet.
 
Mit 65 verabschiedet er sich von seinen Berufskolleginnen und -kollegen und erhält zum ersten Mal seine wohlverdiente Rente. Er wird nun nicht mehr gebraucht. Fühlt sich arbeitslos, was seine Gattin auch rasch bemerkt. Er mischt sich in fremde Sachen. Und sie verteidigt ihr Revier. Nachhaltig und mit grossem Erfolg. Vor allem, weil sie nun zum ersten Mal jenen Angestellten hat, der ihr bei der Kindererziehung so gefehlt hat.
 
Aber er wird älter, immer älter. Und erneut muss sich seine Frau um ein unterstützungsbedürftiges Lebewesen kümmern. Zwar nicht gerade Windeln wechseln, aber immer wieder helfend beistehen.
 
Und er? Er wird wieder religiöser und leider auch kraftloser. Mag nicht mehr Lasten tragen und geht jedem Streit und sei er noch so harmlos aus dem Weg. Er mag überhaupt nichts mehr. Er welkt und spürt, dass er auf der Zielgeraden seines Lebens angekommen ist. Und plötzlich steht er auf die Bremse und trödelt immer wieder, weil er sich vor dem Zielband fürchtet. Ganz gegen sein Naturell will er nun den Anderen den Vortritt lassen. Nicht mehr aufwärts schweben! Lieber schön auf dem Boden bleiben!
 
Er hat Angst vor der finalen Reifeprüfung. Seine Träume und seine Gedanken, dass vor der Himmelsporte der Daumen Gottes abwärts zeigt, machen ihm schwer zu schaffen. Er gelangt zur Erkenntnis, dass es in seinem ganzen Leben eigentlich nur darum gegangen ist, diese allerletzte Reifeprüfung zu bestehen. Das Leben sei die Vorspeise. Das Hauptgericht erfolgt bei Petrus, meint er.
 
Aber, wo nimmt er wohl das Dessert ein? Wohin weist ihn der Himmelpförtner? An den Ort der ewigen Finsternis oder in die himmlischen Gefilde? Er hofft das Beste. Und zumindest dieser Erfolg sei ihm gegönnt. Es wäre sein grösster, auch wenn er ihn erst nach seinem Ableben feiern könnte.

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       Urs Spielmann, Breitenbach

1 Comment
Peter Burger
9/22/2021 11:27:18 pm

Lieber Herr Spielmann,
Ihre Artikel im s'Blettli sind Spitze.
Ich schmunzle immer wieder wie pointiert Sie
das alles schreiben. Ich freue mich jedesmal, wenn das neue s'Blettli kommt.
Ich, 71 Jahre alt und wohne in Laufen.
Ich wünsche Ihnen noch viele gute Ideen, gute Gesundheit und bleiben Sie gesund.
Peter Burger

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