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Ich schreibe für
knorrige Schwarzbuben und Schwarzmädels, 
für herbe Laufentaler und Laufentalerinnen
sowie für die herrlichen Urgesteine
aus Basel-West.

Lesen Sie nie eine Kolumne von mir,
wenn Sie schlecht drauf sind.

Das kommt nicht gut! 

July 20th, 2021

7/20/2021

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Mystische Nacht
 
… von der Ahnungslosigkeit in die unbeantwortbare Frage
 
 
Ich bringe jene Nacht im letzten Spätwinter einfach nicht aus meinen Hirnzellen raus. Oder fasziniert mich plötzlich das Übersinnliche, das Unerklärliche oder gar das Nichtbegreifbare?  War ich in ein Burnout geschlittert oder nur rüber gedöst in einen Stau vor meiner alternden Denkzentrale?
 
Die Ratlosigkeit meiner Hirnzellen macht mir echt zu schaffen. Jetzt noch nach zig Monaten! Und das schon wieder heute Morgen kurz vor dem ersten Glockenschlag der heimischen Kirche. Ich habe immer noch Fragen über Fragen. Und finde seit jener ominösen Nacht einfach keine Antwort. Ich traute bisher nicht, mich zu öffnen. Nicht meiner Frau, nicht meinen Kindern und schon gar nicht Aussenstehenden gegenüber. Und seien es die besten und verschwiegensten Freunde.
 
Der einzige Ausweg bleibt das Papier. Papier redet gottlob nicht. Ist etwas verschwiegen, aber auf seine Art eben doch etwas geheimnisvoll. Es offenbart seinen wahren Sinn erst, wenn der Geist des Lesers Buchstaben und Worte verbindet und bereit ist, in die Gedankenwelt des Verfassers einzutauchen. Was jedoch, wenn der Autor unfähig ist, das Erfahrene zu beschreiben? Das Ereignis in Worte zu fassen? Dann wird es heikel; sehr heikel sogar.
 
Beginnen wir ganz vorne, also am Vorvorabend der magischen Nacht!  Eigentlich nahm ich mir vor, für meine nächste Kolumne etwas Schräges, eventuell gar mehrdeutig Lustiges zu schreiben. Aber null Idee! Kein Funke, keine Silbe, überhaupt nichts! Ideenstau, totale Gedankenpleite! Ich lahme wie trunken im Haus herum. Wie befallen von einer akuten Arbeitsallergie. Auch ein Chicco d’oro - extra kräftig gemahlen - versagt mir seine aktivierende Wirkung.
 
Abgestürzt auf null Bock! Zudem haben sich in den letzten 12 Stunden keine neuen E-Mails in meine Domain verirrt. Nur ein paar wenige Spams, die ich kurz vor Mitternacht mit einem missmutigen Tastendruck lösche. Die Langeweile umzingelt mich langsam und im Zauber eines sich anbahnenden Schneegestöbers döse ich ein in die karge Einöde meiner Phantasielosigkeit.
 
Es ist ein Oberflächenschlaf. Ich sehe nichts, höre aber jedes noch so kleine Misstönchen. Merke irgendwie, dass es heller wird um mich herum; dass der Tiefkühler zittert und der Hund schnarcht. Rieche, dass die Luft etwas stickig ist und spüre, dass mein geistiger Lockdown immer noch an meinen Nerven zerrt.
 
Plötzlich gegen Mittag entdecke ich den blauen Himmel. Die Wolken, der zwischenzeitlich aufgekommene Nebel und der miesepetrige Dunst haben das Feld geräumt. Die Sonne steigt majestätisch auf und gleitet langsam über die angefrorenen Gräser des heimischen Banns. Es ist ungewöhnlich ruhig im Quartier. Ein paar Zufahrtsstrassen sind gesperrt und meine Frau pipettiert und analysiert in einer Arztpraxis für ein paar Luxusstunden im Rentneralter.
Unser Jungwelpe geniesst noch immer den Schlaf des gerechten Kriegers. Sein kleines, scharf gewetztes Junggebiss hält für einmal - äusserst wohltuend – seine oft meist Unzeit bellende Hundeschnauze.
 
Allmählich überkommt mich eine wohltuende Stille. Dass die innere Ruhe und die beschauliche Kontemplation ideale Samen sind zur Erkennung von Sinnfragen, wird mir erst zu dieser Stunde bewusst. Während die Sonne unseren Garten langsam, fast zentimeterweise vom Firn befreit, schruppt und fegt der aufkommende Wind nach und nach auch mein arbeitsunwilliges Gehirn.
 
Ich merke und spüre es in meinem Innersten, dass ich nur Teil bin eines grossen, göttlichen Ganzen; eingebettet im weiten universellen All. Nota bene und zu meinem Glück im privilegierten Teil! Denn erstens bin ich geboren als Homo sapiens; also als Wesen mit zwar wenig, aber doch etwas Verstand. Und zweites erst noch in einem prosperierenden Land mit intakten Strukturen und soliden, humanen Grundwerten.
 
Sinnenfreudig geniesse ich alles, was kreucht und fleucht. Völlig egal welche Rassen, welche Sorten, welche Hautfarbe; ob weiss, rot, gelb oder schwarz. Alle zusammen sind wir eine globale Einheit. Jedes Wesen und alle Dinge sind live auf dieser Erde. Sind einzigartig und verdienen Achtung und Respekt; einen artgerechten Umgang und eine sorgsame Hege und Pflege.
 
Und in dieser Grundstimmung schlafe ich frühabends kuschelig eingebettet ein. Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich wohl die ganze Nacht kein Auge zugebracht. Meine Erinnerungen sind zwar nur fragmentarisch. Aber beinah mirakulös! Als Sohn eines Ordnungshüters bin ich zwar liebevoll, aber eher autoritär erzogen worden. Lügen durfte nur die Obrigkeit und Luxuwar verpönt. Unser Lebensstil, unsere Wohnung und unser Gebaren waren – wohlwollend ausgedrückt – höchstens Mittelstand.
 
Und dann dies! Plötzlich befand ich mich in einer palastähnlichen Luxusvilla mit zahllosen Zimmern und Sälen. Ob ich dort wohnte oder mich nur auf einer Besichtigungstour befand, weiss ich nicht mehr. Tut auch nichts zur Sache!
 
Was ich jedoch sah, ist unbeschreiblich! Überstieg all meine Vorstellungen, kann nicht in Worte gefasst werden: Von aussen einen glamourösen Herrschaftsbau, der jede menschliche Dimension überschritt; mit neuzeitlicher, atemberaubender Architektur. Die Inneneinrichtungen waren in jedem Raum stilistisch eigen. Jedes Gemach mit einem anderen, höchst erlesenen Ambiente. Wohlgestaltet und formvollendet. Voller zeitgenössischer Unikate, die ich so - oder auch nur ähnlich - noch nie gesehen habe. Allerhöchstes Niveau, farblich perfekt abgestimmt!
 
Alle Räume, nicht nur die immense Eingangshalle und das Foyer, auch die stilvollen Wandelgänge und die Gesellschaftssäle. Die Schlafgemächer, die luxuriösen Badeoasen und selbst die Suiten für die Hausangestellten! Jeder, der mich näher kennt, weiss, dass ich sehr affin bin gegenüber allem, was mit Architektur und bildender Kunst zu tun hat. Aber dies war innen und aussen das architektonische NonPlusUltra.
 
Das abrupte Ende des Traums – und das ist das Erstaunliche – war noch keineswegs der Schlusspunkt. Im Wachzustand ging es weiter. Ich versuchte, das Erlebte zu rekonstruieren. Was ich jedoch in der Dunkelheit trotz geschlossener Augen sah, waren unglaublich faszinierende, abstrakte Bilder. Stets wechselnd, mit fliessenden Übergängen. In einer grossen Themenvielfalt. Jedes Einzelne malerisch und künstlerisch akribisch ausgestaltet. Für mich persönlich etwas Einmaliges, undefinierbar Schönes. Der Inbegriff der vollkommenen Ästhetik, eine Art Begegnung mit der göttlichen Herrlichkeit. Ich war hin und weg!
 
Die Crux der Einmaligkeit ist fatal! Sie kehrt nie wieder! Weshalb konnte ich all das nicht speichern? Ich haderte mit mir selbst. Warum kann ich diesen mystischen Traum nicht noch einmal erleben? Und wieso waren diese Erscheinungen ausgerechnet mir beschieden? War es eine überirdische Aufforderung, sich meiner Vergänglichkeit bewusst zu werden? Oder gar eine Heimrufung auf Zeit? In ein solches Paradies?
 
Zugegeben; das Ganze wäre als Angebot sehr verlockend. Um Quantensprünge besser als ein stilloses Abtauchen in ein höllenheisses Martyrium. Aber für meine Begriffe träfe es zu Unzeit ein; um etliche Jahre zu früh. Dass ich mit meinen 74 Lenzen auf der Zielgerade meines Daseins angelangt bin, ist nicht abzustreiten. Aber für die letzte Meile habe ich mir eigentlich vorgenommen, mein irdisches Dasein nochmals fürstlich auszukosten. Einen solch farbigen und faszinierenden Lebensmarathon schafft man nur einmal im Leben.
 
Und was mache ich nun mit meinen unbeantwortbaren Fragen? «Geniesse diese magische Nacht» sagt mein Innerstes «und suche die Antwort in den Sinnfragen, die Dir Dein Leben gestellt hat.»

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Urs Spielmann, Breitenbach

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