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Ich schreibe für
knorrige Schwarzbuben und Schwarzmädels, 
für herbe Laufentaler und Laufentalerinnen
sowie für die herrlichen Urgesteine
aus Basel-West.

Lesen Sie nie eine Kolumne von mir,
wenn Sie schlecht drauf sind.

Das kommt nicht gut! 

Ein kunstvoller Gedankenstrich

1/21/2020

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​Blauäugig oder kunstgläubig?

Freitagabend, Wochenende und wieder mal Muppetshow im Bistro populistico! Ich an einem Nebentisch und stummer Zeuge eines bieraffinen Komödienstadels. Papa Moll und die Seinen schossen wieder mal auf die zeitgenössische Kunst. Nicht gezielter Einzelschuss, nein zittriges Trommelfeuer mit verblassender Leuchtspur; vorwiegend rhetorische Knallfrösche. „Was soll diese Kleckserei?“ „Und diese Preisideen!“ „Für dieses Gekritzel, reiner Wucher!“ „Man weiss ja nicht einmal, was das ist.“ „Das kann doch jeder. Solche Sachen macht mein 8-jähriges Grosskind mit links.“

Allseits fraktionsübergreifende Einigkeit. Kein Gegenvotum, keine Tiefe. Wie bei einem Zuckerstock: Kurze, saftige Voten, die gegenseitig beeindrucken und dann ziemlich abrupt abdriften in ein kollektives gedankliches Burnout. Am Schluss nur noch Rauch, „bränntelig“ riechender Abfall, viel Asche und ein paar Konsumationszettel unter dem vom seinem Alter gezeichneten Bierteller. Wenn die Zunge Sätze formt, bevor das Gehirn zu arbeiten bereit ist, werde ich hellhörig. Und was mich besonders nervt: wenn das Wort „Künstler“ abzugleiten droht zu einem Synonym für ausstellende Hobbymaler. Das macht mich gallig und madig und das wiederum stresst mein pathologisches Vorhof-Flimmern inkl. den eingebauten Defibrillator.

Mit dem Begriff Kunst gehen viele Leute oft wenig wertschätzend um. Um es gleich vorneweg zu nehmen: Ich bin weder Künstler, noch habe ich Kunstgeschichte studiert. Aber als Kunst-Nobody habe ich Neuland betreten und es in den Neunzigerjahren zaghaft gewagt, in einer Altersinstitution auf dem Land ein Kulturforum aufzubauen. Zu meinem freudigen Erstaunen ging das auf. Mittlerweile, d.h. nach fast 30 Jahren ist die Galerie bei den Pensionären, den Angestellten, den Besuchern und Gästen recht beliebt und in der Künstlerszene bestens akzeptiert; zumal sie ohne Fremdfinanzierung und sogar minim gewinnbringend unterwegs ist.

Ich habe viel gelernt in diesen zwei Dezennien. Ich habe mir so nebenbei nichtwissend selbst eines der grössten Geschenke gemacht. Als ehemaliger Militarist und Mann aus der Privatwirtschaft war es eine meiner besten Entscheidungen im Leben, die etwas sensiblere Seite meines Ichs anzupeilen. Ich habe eine andere Art Menschen kennen und schätzen gelernt. Nicht nur solche, die alles wissen. Auch solche, die ohne Worte Fragen gestellt haben; die angeklagt haben, ohne zu verletzen. Ich habe durch die Wertschätzung der Künstler mein Weltbild, meine Führungsphilosophie, meine Art zu leben, nachhaltig verändert. Meine Sinne konzentrierten sich je älter ich wurde desto mehr auf die Ganzheit des Lebens; auf dessen zielgerichtete Ausgewogenheit und bestmöglicher Harmonie. Schon Marc Aurel (röm. Kaiser von 270-275) sagte: „ Das Leben eines Menschen ist das, was seine Gedanken daraus machen.“

Für mich ist Kunst im Grunde genommen eine Schule der Eigenwahrnehmung, eine Art Mutter der Hinterfragung. Sie mündet in die Erkenntnis, dass nicht jeder alles, was man sieht, gleich wertet und gewichtet wie der Andere. „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar“, meinte einst Paul Klee (1879-1940). Und Rolf Blösch (1947-dato) „Kunst ist, sich gehen zu lassen und der Entstehung nicht im Wege zu stehen…!“ Für mich bedeutet Kunst Faszination und kreative Pause; ist stets ein Dialog mit meinem Innersten. Kunst spricht meine intimsten Gefühle an, verwickelt mich in ein Zwiegespräch und widerspiegelt so mein Denken und meine ureigene Befindlichkeit.

Die Logik aus alledem: Kunst entsteht nicht am Feierabend. Kunst verlangt totales Engagement; ist nicht nur Berufung, sondern hochkompetenter, vielschichtiger Volljob. Wahre Kunst hat mit reifem Können zu tun und kommt aus menschlicher Tiefe. Kunst ist Beschränkung auf das Wesentliche. Kunst ist ausgewogene Spannung, ist kritische Zeitgeschichte. Kunst gibt keine Antworten, sondern weckt; stellt Fragen und gibt Denkanstösse. Ohne nachhaltige Kunstszene wäre unsere Meinungsfreiheit - da bin ich mir sicher - nicht auf diesem international anerkannten High-Level. Unsere Denkwelt wäre wesentlich eingeschränkter und beschnittener. Ich jedenfalls bin stolz auf unsere hiesige Kunstszene, gerade auch auf jene im Schwarzbubenland und im Laufental. Sie lebt und belebt. Und sie befreit unsere Gesellschaft vor Fremddruck und ungerechtfertigten Zwängen. Anpackend, unabhängig und nachhaltig.

Bin ich zu kunsteuphorisch? Na ja, es gibt auch noch eine Logik in dieser Kolumne: Auch ich bin das, was Sie von mir denken. Habe fertig! Zumindest für heute.

​Urs Spielmann

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