Gewinner und die zwei Arten des trotzdem Ich bin ein Spezial! Kennen Sie den Schweizer Schriftsteller Sutter? Nein, ich meine nicht den bekannten Martin Suter. Ich meine nicht den Autor des Megahits „Der Koch“ oder seines grossen Erfolgs „Der letzte Weynfeld“. Ich meine Bernhard Sutter. Bernhard ist ein ganz aussergewöhnlicher Mensch; ein Bündner, wie er leibt und lebt. Er selbst nennt sich ein Spezial. Für mich hoch2! Hier wahllos ein paar Sequenzen aus seinem neusten Buch, quasi als Stützunterricht für gefrustete, ewig unzufriedene Lebensmieflinge. Das war geschehen „Am 9.9.1996, im Alter von 21 Jahren stürzte ich aus neun Meter Höhe auf eine Betonplatte, erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit einer spezifischen Hirnverletzung, die unter anderem die Verbindung von Gehirn und Muskulatur negativ beeinträchtigt und ich fiel für einen Monat ins Koma. Danach war ich nochmals ein Baby, beziehungsweise ein Mann mit den Körperfunktionen eines Babys. Es musste nochmals alles erlernt werden wie Sprechen, Essen, Gehen und vieles mehr.“ Zweimal das "trotzdem" "Trotzdem ich eine Behinderung habe, geht es mit wahnsinnig gut. Und trotzdem mir das Leben so gut gefällt, gibt es immer noch Tage, an denen es mir echt schlecht geht; unter anderem, weil mir die Hürden immer stärker auffallen, die sich mir in den Weg stellen. Hürden, die ich mir leider teils selber, teils die Gesellschaft in den Weg stellt und Hürden, die einfach kommen.“ „Tausend Dinge fallen mir schwer! Aber die Freude an diesen wenigen Dingen, die ich trotzdem noch kann, ist riesengross. Es verleiht mir Kraft und Mut, noch mehr Dinge zu können." Glücksgefühle „Denken Sie, ich hätte jemals gedacht, Schnürsenkel würden mir eines der schönsten und bedeutungsvollsten Erlebnisse schenken? Eine Zeit lang nach dem Unfall musste mir immer jemand die Schuhe binden, weil das für mich nicht möglich war. Als einmal niemand da war, um für mich diese Arbeit zu machen, musste ich versuchen, das alleine zu bewerkstelligen. Aber meine blöden Hände taten wie so oft nicht das, was ihnen mein Hirn befahl. „Immer das saublöde Zittara! Jetz probiar i’s no ei einzig Mol!“ Und siehe da, beim geschätzt zweihundertsten Mal, blieben die zwei Schlaufen genau dort, wo sie hingehörten. In Gedanken machte ich Luftsprünge bis zur Hallendecke.“ „Oder meine ersten 100 m ohne Stöcke. Das war vor ca. 20 Jahren auf der Rennbahn und dauerte 19,5 Minuten. Durch dieses schöne Gefühl meinte ich, nicht gerade ein Düsenjet zu sein, aber mir war so, als sei ich ein Luftballon, der steigt, steigt und steigt." Selbstzweifel „Manchmal versuchte ich mich zu erinnern, beziehungsweise versuchte ich meine Gedanken zurückzuholen. Was dachte ich, als noch kein Zertifikat „spezial“ an meinem Hirn klebte, wenn ich einen Behinderten sah? Ich empfand Mitleid, Trauer und fühlte mich auch irgendwie hilflos. Das ist nichts Böses, aber es tut weh. Es wurde mir auch bewusst, dies und das kann ich nicht mehr und werde es nie mehr können. Vor allem bei Dingen, die ich früher sehr gut konnte und mir grosse Freude bereiteten, waren das Stichflammen des Schmerzes, die die Seele angriffen und fast zum Brennen brachten.“ Filmvorträge Ein Kern der Aussage meiner Auftritte liegt auch darin, die Besucher zu motivieren, ihnen sozusagen einen Tritt in den Allerwertesten zu verpassen als Anstoss für was auch immer. Aus verschiedenen Gründen spürt der eine diesen Sparz stark, der andere wiederum bemerkt ihn kaum.“ „Ein anderes Fundament des Vortrages ist, beim Gast die Demut seinem Leben gegenüber wieder entstehen zu lassen. Ja genau, Demut und Dankbarkeit seinem Leben gegenüber entgegen zu bringen, wenn es mit Glück und Gesundheit beschert ist.“ Zufriedenheit „Unter der Dusche wurde mit bewusst, wie unglaublich herrlich, entspannend und wohltuend es ist, einfach nur da zu stehen und sich mit warmem Wasser abzuduschen. Anders wäre dieses Gefühl, wenn man sich auf einem ausklappbaren, unangenehmen Sitz hinsetzen und noch andere Vorkehrungen treffen müsste. Aber ich kann nur dastehen und mich berieseln lassen. Wie schön! Was für ein nicht selbstverständliches Glück.“ Wahrscheinlich haben die meisten Menschen eine völlige andere Vorstellung von Glück. Was dem einen gerade mal zur Zufriedenheit gereicht, ist für den anderen schon höchstes Glück. Habe ich Sie jetzt gerade sagen hören, dass es Ihnen doch eigentlich sehr gut geht? Finde ich toll. Danke Bernhard Sutter! Und denken Sie immer daran: „ Vu nüt khunnt nüt!“ Wer sich für das Buch interessiert, findet weitere Angaben unte www.bernhardsutter.ch. Urs Spielmann, www.denkbars.net
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